Wechselvolle Beziehung Muhammads zu den Christen seiner Zeit
Laut Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher vom Institut für Islamfragen ist die wechselvolle Beziehung von Muslimen zu den christlichen Minderheiten bereits im Leben Muhammads angelegt. In der Frühzeit sucht er die Annäherung an Christen und Juden, sieht sich in Übereinstimmung mit der Botschaft früherer Propheten und wirbt bei den so genannten Buchbesitzern bzw. „Leuten der Schrift“ (gemeint ist die Thora der Juden und das Evangelium der Christen) um die Anerkennung seines prophetischen Anspruchs. Als Muhammad jedoch deutlich wird, dass die meisten Christen und Juden ihn als Propheten nicht anerkennen wollen, wird Muhammads Ton in der Auseinandersetzung schärfer – insbesondere nach seiner Auswanderung nach Medina und dem dortigen Aufstieg zum politischen und militärischen Führer einer wachsenden stammesübergreifenden islamischen Gemeinschaft. Abraham, andere Propheten des Alten Testaments und auch Jesus werden kurzerhand zu Bekennern des islamischen Eingottglaubens erklärt. Juden und Christen sollen – so die dominierende Auslegung entsprechender Koranverse – ihre ursprünglichen Schriften überall dort, wo sie dem Koran und dem Anspruch Muhammads widersprechen, verfälscht haben und damit von der ursprünglich islamischen und einzig „wahren Religion“ abgewichen sein.
Der Vorwurf der Vielgötterei
Während Muhammad den Juden aufgrund ihres Unglaubens Verrat und Illoyalität vorwirft und sein hartes militärisches Vorgehen gegen sie als verdiente göttliche Strafe rechtfertigt, wirft er den Christen – vor allem mit Blick auf ihren Glauben an die Gottessohnschaft Jesu – Vielgötterei vor. Muslime sollen sich daher laut Sure 5,51 nicht die Juden und die Christen zu Freunden nehmen, weil diese untereinander Freunde sind. Wer sich ihnen anschließt, verlässt demnach die Gemeinschaft der von Gott rechtgeleiteten Gläubigen. Weitere Verse wie Sure 61,9 aus den letzten Lebensjahren Muhammads verheißen ihm und der von ihm propagierten „wahren Religion“ schließlich den Sieg über alle anderen Religionen. Im Lichte dieser späten Verse erscheinen Christen keineswegs mehr als gleichberechtigte Offenbarungsempfänger. Aus der Sicht der klassischen Gelehrten wie auch der meisten heutigen Islamisten können sie bestenfalls als Andersgläubige unter bestimmten Auflagen geduldet werden. Treten sie allerdings weiterhin selbstbewusst mit eigenem Wahrheitsanspruch auf und stellen dadurch die islamische Vorherrschaft infrage, müssen sie wie die Ungläubigen bekämpft werden.